Ein herzzerreißendes Unglück hat sich ereignet: Eine vierköpfige Familie aus Hamburg verlor während ihres Türkei-Urlaubs auf tragische Weise ihr Leben.
Unbeschwerte Ankunft endet in Katastrophe
Die Familie Böcek kam am 9. November 2024 in ihrem Hotel im Istanbuler Stadtteil Fatih an, um dort einige entspannte Tage zu verbringen. Doch nur wenige Tage später starben alle vier Familienmitglieder unter schrecklichen Umständen.
Servet Böcek (36) und seine Ehefrau Cigdem (27) reisten mit ihren beiden Kindern – dem sechsjährigen Kadir Muhammet und der dreijährigen Masal – in die türkische Metropole. Zunächst vermuteten Ärzte eine Lebensmittelvergiftung, doch die wahre Ursache für die sich rapide verschlechternde Gesundheit der Familie sollte sich schon bald herausstellen.
Verdacht auf tödliche Pestizid-Vergiftung
Die Behörden gehen mittlerweile davon aus, dass die Familie durch ein hochgiftiges Schädlingsbekämpfungsmittel im Hotel ums Leben kam. Nach Erkenntnissen der Ermittler könnte das extrem toxische Aluminiumphosphid über das Lüftungssystem in das Zimmer der Familie gelangt sein. Berichten zufolge wurde am 11. November ein benachbartes Hotelzimmer mit Pestiziden behandelt.
Am 12. November klagten alle Familienmitglieder über gesundheitliche Beschwerden – insbesondere Übelkeit, Erbrechen und Schwindelgefühle. Sie wurden daraufhin umgehend in ein Krankenhaus gebracht und zunächst mit dem Verdacht auf Lebensmittelvergiftung behandelt.
Dramatische Verschlechterung nach Rückkehr ins Hotel
Als die Familie nach der ersten Behandlung ins Hotel zurückkehrte, verschlechterte sich ihr Zustand in der Nacht dramatisch. Überwachungsvideos, die türkische Medien veröffentlichten, zeigen herzzerreißende Szenen: Vater Servet versuchte verzweifelt mit einem seiner Kinder im Arm, die verschlossene Hoteltür aufzubrechen, um nach draußen zu gelangen. Der Rezeptionist hatte das Hotel abgeschlossen, um essen zu gehen – während draußen bereits ein Notarztwagen wartete.
Die beiden Kinder Kadir Muhammet und Masal verstarben am 13. November. Ihre Mutter Cigdem erlag zwei Tage später, am 15. November, ihren Symptomen.
Vater stirbt nach sechs Tagen auf der Intensivstation
Vater Servet wurde ins Krankenhaus verlegt und sechs Tage lang beatmet und intensivmedizinisch betreut. Trotz aller medizinischen Bemühungen verstarb auch er am 17. November, als seine Organe schließlich versagten.
Großvater Yilmaz Böcek (58), der am 13. November aus Hamburg in die Türkei gereist war, beschrieb die letzten Momente seines Sohnes mit bewegenden Worten: „Er sei wie eine Kerze, die man anzündet, vor meinen Augen geschmolzen. Das war das Allertraurigste.“
Weitere Hotelgäste betroffen
Auch zwei weitere ausländische Touristen, die in einem anderen Zimmer des Hotels untergebracht waren, wurden kurz nach dem Tod der Familie mit Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert. Beide befinden sich laut Behörden in stabilem Zustand.
Umfangreiche Ermittlungen und Verhaftungen
Die türkischen Behörden haben acht Verdächtige festgenommen, darunter Lebensmittelverkäufer, Hotelmitarbeiter und den Schädlingsbekämpfer. Die Ermittlungen ergaben schwerwiegende Versäumnisse:
- Die beauftragte Schädlingsbekämpfungsfirma DSS besaß keine offizielle Zertifizierung für ihre Tätigkeit
- Der Schädlingsbekämpfer Doğan C. verfügte über kein Zertifikat zur Ausbringung der verwendeten Chemikalien
- Der Hotelbesitzer Hakan O. hatte die nicht lizenzierte Firma trotzdem beauftragt
- Ein Hotelmitarbeiter hatte das Gebäude in der Unglücksnacht abgeschlossen, um essen zu gehen
Das Hotel wurde evakuiert und versiegelt. Die Polizei nahm umfangreiche Proben aus dem Gebäude, um die genauen Umstände zu klären. Die Staatsanwaltschaft prüft nun unter anderem fahrlässige Tötung, unsachgemäße Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln und mögliche Verstöße gegen Sicherheitsrichtlinien.
Großvater fordert Gerechtigkeit
Die Familie wurde in der türkischen Provinz Afyonkarahisar beigesetzt. Großvater Yilmaz Böcek, der noch vor Ort ist, kündigte an, für eine lückenlose Aufklärung zu kämpfen: „Ob mein Leben ausreicht oder nicht“, er werde so lange kämpfen, wie er könne.
Besonders schmerzhaft: Sein Enkel Kadir Muhammet hätte am 21. November seinen sechsten Geburtstag gefeiert. „Der Schmerz ist groß, aber als Familienvater muss ich geradestehen und stark sein, egal was kommt“, sagte Böcek.
Der Großvater will die Verantwortlichen hinter Gittern sehen, auch wenn das seinen Schmerz nicht lindere: „Sie kommen irgendwann wieder frei, meine Familie aber ist für immer fort.“
Möglicher Zusammenhang mit weiterem Todesfall
Der aktuelle Fall erinnert an den Tod einer deutschen Erasmusstudentin vor einem Jahr. Die 21-jährige Marlene P. aus Hamburg starb im November 2023 in Istanbul. Auch bei ihr gingen die Behörden zunächst von einer Lebensmittelvergiftung aus. Eine neue Untersuchung kam jedoch zu dem Schluss, dass sie mutmaßlich durch Pestizide gegen Bettwanzen vergiftet wurde. Die Staatsanwaltschaft hat diesbezüglich Ermittlungen aufgenommen.
Diese Tragödie erschüttert zutiefst. Unser Mitgefühl gilt der trauernden Familie und allen Angehörigen.