Viele von uns können es sich wohl nicht vorstellen, was es bedeutet, eine Tot- oder Fehlgeburt zu erleiden und mit den Schmerzen zu leben.
Was den meisten aber nicht bewusst ist, ist, dass die betroffenen Eltern meist gar keine Zeit dafür haben, die Trauer zu verarbeiten. Sie müssen häufig sofort wieder funktionieren, sofort in den Job einsteigen, ohne Chance, das Erlebte zu verarbeiten.
In Neuseeland sieht das seit heute anders aus. Dort hat das Parlament ein Gesetz beschlossen, nach dem Mütter und ihre Partner drei bezahlte Trauertage nehmen können, wenn sie eine Tot- oder Fehlgeburt erlebt haben.
Einstimmig wurde am Mittwoch zudem entschieden, dass auch Frauen, die an irgendeinem Punkt in der Schwangerschaft ihr Kind verloren haben, sich diese Tage nehmen dürfen.
Ginny Andersen, die Initiatorin dieses Gesetzes, sagte während des finalen Vortrags, dass Paare krankheitsbedingte Fehltage vermeiden können, „wenn sie Zeit bekommen, diesen Verlust zu verarbeiten.“
Sie fügte hinzu: „Die Trauer, die mit einer Fehlgeburt kommt, ist keine Krankheit; es ist ein Verlust und dieser Verlust braucht Zeit – Zeit, um sich physisch und psychisch zu erholen.“
Barbara Kuriger, Mitglied der National Party, sagte, dass etwa 20.000 Frauen jedes Jahr in Neuseeland eine Tot- oder Fehlgeburt erleiden. „Das betrifft viele Frauen täglich“, sagte sie gegenüber USA Today.
Auch wenn viele Unternehmen schon eigene Regeln hinsichtlich Trauertage aufgrund einer Fehlgeburt eingeführt haben, seien es noch längst nicht alle, sagte Kuriger.
Das Gesetz ist für Mütter, ihre Partner und Eltern, die ein Kind via Adoption oder eine Leihmutterschaft erwarten, vorgesehen. Kuriger gab aber an, dass es nicht für Abtreibungen gelte.
Neuseeland hatte laut New York Times nur Arbeitnehmern bezahlte Trauertage zugesprochen, die eine Totgeburt zur Welt brachten, aber keine Fehlgeburten.
Im Zuge dieses Erfolgs sagte Andersen, dass sie ihre Kollegen im Parlament loben möchte, die dieses Gesetz unterstützt haben, weil eine von vier Frauen in Neuseeland diesen Schmerz bereits erleiden musste, „weil ihre Trauer ist keine Krankheit, es ist ein Verlust. Und Verlust braucht Zeit.“
Sie führte weiter aus: „Dass dieses Gesetz verabschiedet wurde, zeigt wieder einmal, dass Neuseeland die progressive und leidenschaftliche Gesetzgebung anführt und damit zum erst zweiten Land auf dieser Welt wurde, dass bezahlte Trauertage für Tot- und Fehlgeburten einführte.“
Laut The Guardian bietet Indien Frauen sechs bezahlte Trauerwochen an, die eine Fehlgeburt erlitten haben. Doch dieses Gesetz kann nicht bei allen angewendet werden, weil sie oft offiziell nicht arbeiten.
Das Vereinigte Königreich von England erlaubt Frauen Mutterschutzurlaub, aber nur, wenn eine Totgeburt nach der 24. Schwangerschaftswoche eintritt. Australien bietet unbezahlte Trauertage für Fehlgeburten nach der 12. Woche.
In den USA können Arbeitnehmerinnen keine Trauertage nehmen, wenn sie eine Tot- oder Fehlgeburt erlitten haben. Viele Frauen müssen sich krankmelden.
In dem Land gibt es aber auch keinen bezahlten Mutterschutzurlaub oder Vaterschaftsurlaub. Zwar können manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diesen Schutz in Anspruch nehmen, aber nur 12 Wochen unbezahlt und das zählt nur für 60 % aller Arbeitnehmer.
In den USA endet laut des US Centers for Disease Control and Prevention 1 von 100 Schwangerschaften in 20. Woche oder später in einer Totgeburt.
Die Parlamentarierin Andersen sagte, Frauen zu zwingen, sich aufgrund einer Tot- oder Fehlgeburt krank zu melden, sei „herzlos“ und „falsch“.
„Ich hoffe, dass dieses Gesetz den Frauen hilft, damit sie sich wohler fühlen, über das Thema Fehlgeburt zu reden und sich trauen, nach Unterstützung und Hilfe zu fragen, um ihren großen physischen und psychischen Verlust verarbeiten zu können, ohne den Druck der finanziellen Unsicherheit oder die Zeit, mit dem Verlust umzugehen“, sagte Andersen weiter.
Ein Schritt in die richtige Richtung für so viele Frauen und ihre Partnerinnen und Partner, die mit dieser Trauer leben müssen. Sich krank zu melden, weil man dieses Trauma erlebt hat, scheint nicht der richtige Weg zu sein.
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