Ärztepräsident fordert Böllerverbot: „Die wilde Böllerei muss untersagt werden“

Kurz vor dem Jahreswechsel schlägt Ärztepräsident Klaus Reinhardt Alarm: Der Chef der Bundesärztekammer fordert ein Ende der privaten Silvesterknallerei. Im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland appelliert er eindringlich an die Innenminister von Bund und Ländern, endlich zu handeln.

Volle Notaufnahmen und Millionenkosten

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In der Silvesternacht 2024/25 wurden allein 100 Schwerverletzte stationär in deutschen Krankenhäusern aufgenommen – viermal so viele wie im Jahresdurchschnitt. „Das sorgt für volle Notaufnahmen in den Kliniken und kostet die gesetzliche Krankenversicherung Millionen“, betont Reinhardt gegenüber dem RND.

Besonders erschreckend: Bei den Verletzten handelt es sich oft um Kinder und Unbeteiligte. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft meldet etwa 800 Augenverletzungen zum Jahreswechsel – 40 Prozent davon waren Kinder und Jugendliche, 60 Prozent Menschen, die gar nicht selbst geböllert haben.

„Das hat nichts mit Verbotskultur zu tun“

Reinhardt wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf der Bevormundung: „Niemand hat etwas gegen organisierte Feuerwerke an zentralen Plätzen, doch die wilde Böllerei muss untersagt werden“, sagt der Mediziner. Das habe nichts mit Verbotskultur zu tun, sondern zeuge „von der Einsicht einer reifen Gesellschaft, etwas Gefährliches zu lassen.“

Die letzte Silvesternacht forderte fünf Tote – darunter ein 24-Jähriger aus Geseke, der vermutlich einen selbstgebauten Böller zündete. Hinzu kamen zahlreiche Brände und Angriffe auf Einsatzkräfte.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt – StagiaireMGIMO, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Wenn Raketen zur Retraumatisierung werden

Ein Punkt liegt dem Ärztepräsidenten besonders am Herzen: die psychische Belastung für Kriegsflüchtlinge. Mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine, Syrien oder dem Gaza-Streifen leben derzeit in Deutschland. „Viele von ihnen haben in ihrer Heimat Bomben und Granaten erleben müssen. Da löst die Silvesterknallerei nicht selten sogar Todesängste aus“, mahnt Reinhardt.

Umwelt, Lärm und Müll

Neben den Verletzungen prangert der Ärztepräsident auch die Umweltbelastung an: Rund 2.050 Tonnen Feinstaub werden jährlich durch Silvesterfeuerwerk freigesetzt – das entspricht etwa 13 Prozent der jährlich durch Holzfeuerungen verursachten Feinstaubmenge. Allein in den fünf größten deutschen Städten fielen zum Jahreswechsel 2017 rund 191 Tonnen Silvesterabfall an.

Die Niederlande machen’s vor

Ein Blick über die Grenze zeigt: Es geht auch anders. Die Niederlande haben ab 2026 ein komplettes Verbot für privates Feuerwerk beschlossen. Genau das schwebt auch der Bundesärztekammer vor.

„Die ungeregelte Knallerei führt immer wieder zu schweren Verletzungen auch bei Unbeteiligten, sie ängstigt viele Menschen, ist schlecht für das Klima und verursacht enormen Müll“, fasst Reinhardt zusammen. Die Frage ist nur: Wann folgt die Politik?

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