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Mehr Zwangsehen von Frauen und Mädchen während Corona – auch Genitalverstümmlungen steigen

Die Corona-Pandemie war und ist nicht nur für die Wirtschaft, die Psyche aller Menschen und das Befinden ein Problem, sondern besonders für die Gesundheit.

Menschen, die aufgrund der allgemeinen Lage Angst um ihre Zukunft haben und deswegen in Panik verfallen oder diejenigen, die gegen eine Krankheit kämpfen, aber in Krankenhäusern nicht besucht werden dürfen und den Zuspruch ihrer Familie vermissen, sind in einer heiklen Situation.

Schreckliches müssen auch die Frauen und Mädchen in den ärmsten Gegenden dieser Welt, in denen sie vorher bereits sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, erfahren, wie RTL berichtete.

Nur 55 Prozent können selbst entscheiden

Der Sender zitiert den jüngsten Weltbevölkerungsbericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), der den Titel „Mein Körper gehört mir: Das Recht auf Anatomie und Selbstbestimmung einfordern“ trägt.

Demnach können gerade einmal 55 Prozent der Frauen in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen selbst entscheiden, ob sie Sex haben, verhüten oder Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen möchten.

UNFPA-Sprecherin Natalia Kanem appelliert deswegen:

„Das muss uns alle empören. Hunderte Millionen Frauen und Mädchen besitzen ihre eigenen Körper nicht. Ihr Leben wird von anderen bestimmt.“

Der Bericht kommt zu der Erkenntnis, dass sexualisierte und geschlechtsbasierte Gewalt durch die Corona-Krise sogar zunimmt.

Anhand der Daten ist auch zu sehen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Entscheidungsmacht und dem Bildungsniveau einer Frau gibt.

In Deutschland warnt deswegen die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), dass mit geschlossenen Schulen zur Eindämmung der Corona-Pandemie das Risiko für Mädchen steigt, sexualisierter Gewalt ausgesetzt zu sein.

Durch den die Lockdown-Bestimmungen fallen zudem viele Dienste der sexuellen und reproduktiven Gesundheit weg. Diese sorgen ansonsten dafür, dass junge Menschen und vor allem Mädchen und Frauen über ihr körperliches Selbstbestimmungsrecht aufgeklärt werden.

Schlimmer sieht es dagegen noch in Sierra Leone aus. Dort sind die Zahlen der Kinderehen massiv gestiegen, obwohl sie verboten sind.

Die 16-jährige Maria Kamara befindet sich leider aktuell in genau dieser Situation:

„Meine Familie hat kein Geld. Als er mir sagte, dass er mich will, habe ich Ja gesagt und ihn gebeten, sich mit meinen Eltern zu treffen.“

„Heiratet nicht so jung!“

Allerdings weiß das Mädchen nicht, was die Ehe für sie bedeutet, sexuelle Aufklärung gibt es in Sierra Leone nicht. Die 16-Jährige wird wohl in erster Linie heiraten, weil ihre Familie eine Mitgift bekommt. Üblicherweise besteht die aus einem Stück Land, Vieh oder Bargeld.

Zudem gibt es das Versprechen, dass der Mann die finanzielle Verantwortung für die Braut übernimmt. Im Fall von Maria bedeutet das, dass es Reis für ihr vier jüngeren Schwestern und Zugang zur Wasserstelle des Bräutigams gibt.

An ihre Schwestern hat die zukünftige Ehefrau einen eindringlichen Rat:

„Ich sage meinen Schwestern, dass sie mir nicht folgen sollen. Heiratet nicht so jung, geht zur Schule!“

Das war eigentlich auch ihr Wunsch, bevor sie von ihrem zukünftigen Ehemann entdeckt wurde. Sie wollte die Schule beenden und Krankenschwester werden.

Damit solche Fälle nicht mehr vorkommen, setzt sich die First Lady des westafrikanischen Landes, Fatima Maada Bio, für die jungen Frauen ein.

Sie war als Teenager nach England geflohen, weil ihr Vater sie zwangsverheiraten wollte, in Europa lernte sie stattdessen ihren heutigen Ehemann kennen.

Für sie ist klar:

„Ein Kind gibt keine Einwilligung für Sex. Wenn man ein Kind in einem sehr frühen Alter zur Heirat zwingt, legalisiert man damit Vergewaltigung.“

Weltweit leiden unter der Corona-Pandemie Menschen, manche mehr, manche weniger.

Sie zeigt zudem, dass manche Probleme noch schlimmer wurden und machen deutlich, dass diese noch rigoroser bekämpft werden müssen.

Der Kampf gegen Zwangsehen und Genitalverstümmlungen ist noch lange nicht gewonnen.