Laut neusten Zahlen waren im Jahr 2019 in Deutschland etwas mehr als 73 Millionen Menschen gesetzlich krankenversichert, fast 9 Millionen privatversichert.
Die Versicherungspflichtgrenze, die im Jahr 2020 bei 62.550 € im Jahr bzw. bei 5.212,50 € (brutto) im Monat liegt, bestimmt hierbei die Zugehörigkeit der Krankenkasse. Arbeitnehmer müssen mindestens diesen genannten Betrag verdienen, um in die private Krankenkasse wechseln zu können.
Für viele Menschen sind die Leistungen der privaten Krankenkassen lukrativer, weswegen sie gern diesen Schritt eingehen und in Zukunft die anfallenden Kosten selbst tragen wollen.
Geht es aber nach der repräsentativen Studie des Iges-Instituts, die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, bräuchte es keine zwei Krankenkassen, wie der Spiegel berichtete.
PKV in die GKV eingliedern
Würde man nämlich die Privatversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingliedern, würde dadurch ein jährliches Plus von etwa neun Milliarden Euro entstehen, das eine Senkung der Beiträge für alle Einzahler in Höhe von 145 Euro jährlich zur Folge haben würde.
Laut der Studie gehören zu den Versicherten der privaten Krankenversicherung (PKV) Gutverdiener, Beamte und einkommensstarke Selbstständige, die im Durchschnitt 56 Prozent mehr als gesetzlich Versicherte verdienen.
Wären diese Menschen in der GKV, würde der jährliche Nettofinanzüberschuss von 8,7 auf 10,6 Milliarden Euro anwachsen und dadurch könnte der Beitragssatz um 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte sinken.
Da Deutschland das einzige Land mit solch einem dualen System ist, kritisiert die Stiftung, dass sich Privatversicherte dadurch einem Solidarausgleich entzögen. Gleichzeitig wird auch die Diskussion einer Bürgerversicherung wieder befeuert.
Würde aber die PKV wegfallen, müssten auch die dadurch entstehenden Honorarverluste ausgeglichen werden. Dabei geht die Studie von einem um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte niedrigeren Beitragssatz aus und Arbeitgeber würden durchschnittlich um 48 Euro im Jahr entlastet werden.
Verteilung der Ärzte in Gegenden von Privatversicherten
Darüber hinaus untersuchte das Iges-Institut einen Zusammenhang zwischen der regionalen Verteilung Privatversicherter und der Niederlassung von Ärzten. Dabei zeigt sich beispielsweise, dass in Bayern in Gegenden mit vielen Privatversicherten überdurchschnittlich viele Ärzte ihre Praxen dort haben.
Einen Grund dafür konnten die Autoren nicht ermitteln, allerdings gehen sie davon aus, dass „die im Schnitt zweieinhalbfach höhere Vergütung ärztlicher Leistungen für Privatpatienten die Anreize für Ärzte verstärkt, sich in den bereits gut versorgten Gegenden mit vielen Privatversicherten niederzulassen.“
Stiftungsexperte Stefan Etgeton kritisierte in diesem Zusammenhang die Folgen dieses dualen Systems in Form von Solidaritätsverlusten und einer Schwächung des sozialen Zusammenhalts:
„Der durchschnittliche GKV-Versicherte zahlt jedes Jahr mehr als nötig, damit sich Gutverdiener, Beamte und Selbstständige dem Solidarausgleich entziehen können.“
Als Ergebnis fordert die Stiftung deswegen einen Umbau der Kranken- und Pflegeversicherung, wodurch vor allem der Wechsel von der PKV in die GKV erleichtert werden soll.
Das Ziel sei dann eine integrierte Kranken- und Pflegeversicherung, in der alle Bürger pflichtversichert sind und die Versicherungspflichtgrenze aufgehoben werden soll.
Die Beiträge sollen sich dann an der finanziellen Leistungsfähigkeit und nicht am individuellen Gesundheitsrisiko orientieren.
Mit diesem Vorschlag spricht die Stiftung wohl vielen Versicherten aus der Seele, allerdings gibt es vonseiten der Ärzte und Wissenschaftlicher bereits Kritik, dass diese Berechnungen geradezu hanebüchen seien.
Ob dieser Wandel im Gesundheitssystem realistisch und umsetzbar ist, kann nur die Zukunft zeigen.
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