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„Am Anfang fühlte ich mich unsicher“ – So lebt Schweden wirklich ohne Ausgangssperren

Schweden: Der schwedische Sonderweg ist mittlerweile bei vielen Deutschen eingebrannt. Überall liest man davon, dass Schweden als einziges Land in Europa alles anders macht und am Ende gar nicht Recht haben soll.

Doch wie sehen die Bürgerinnen und Bürger aus Schweden die Maßnahmen ihrer Regierung?

Als Journalistin ist Elin Wahlsten natürlich auch darüber informiert, wie sehr sich die Ausgangsbeschränkungen in anderen Ländern von dem unterscheiden, was in ihrem Heimatland passiert.

Im Gespräch mit Newsner räumt die Schwedin mit Vorurteilen auf und erklärt, wie sich der Alltag in Schweden aktuell anfühlt, was ihr trotzdem Sorgen bereitet und wieso sie die kritischen Blicke anderen Länder auf Schweden nachvollziehen kann.

„Am Anfang fühlte ich mich unsicher“

Für die schwedische Journalistin Elin Wahlsten war, wie für so viele Menschen, die Anfangszeit besonders schwer. „Was mich am meisten besorgt, ist das fehlende Wissen, wie es in Zukunft weitergeht“ sagt sie.

„Wir wissen nicht, wie es sich entwickeln wird, wie lang es dauern wird.“

Auch für die Journalistin hat sich einiges geändert. Sie arbeitet, wie viele ihrer Kollegen, nur noch von zu Hause aus.

Sport, den sie liebt und weswegen sie eigentlich täglich im Fitnessstudio ist, wird auf alleinige Läufe und Trainingseinheiten im Freien verlegt. Generell versucht sie öffentliche und viel besuchte Plätze zu vermeiden.

„Mein Leben hat sich nun nicht dramatisch verändert“, erklärt Wahlsten. Doch besonders um ihre älteren Verwandten sorgt sie sich besonders. Anfangs war es auch für sie schwer, zu verstehen, wieso die schwedische Regierung nur sehr wenige Einschränkungen erlässt.

Auf die Frage, ob sie sich mit den Maßnahmen sicher fühlt sagt sie:

„Jetzt tue ich es, ja. Am Anfang fühlte ich mich unsicher, als sich die Todeszahlen jeden Tag immer weiter erhöhten.“

Genau das ist der ausländische Kritikpunkt. Vergleichsweise hoher Anteil an Toten, aber nur geringfügige Ausgangssperren.

Stockholm am 31. März 2020 // Quelle: Alexanderstock23/Shutterstock

„Ich verstehe die kritischen Blicke der Deutschen“

Wie auch in allen anderen Ländern, ist auch in Schweden die Akzeptanz für die Maßnahmen nicht überall gleich.

Wahlsten berichtet, dass gerade am Anfang die Stimmen laut wurden, die Regierung würde „die Krise nicht ernst nehmen“.

Noch sehr lange waren Schulen geöffnet und besonders Besuche in Altenheimen erlaubt.

„Viele Schweden sind der Meinung, dass die Pflegeheime viel früher hätten zugemacht werden müssen.“

Von fast 19.000 Infizierten in Schweden sind laut der John-Hopkins-Universität über 2.200 bereits gestorben.

Restaurants und Nachtclubs sind trotzdem noch auf, sollen nur nicht zu überfüllt besucht werden.

„Die Regeln haben sich seit Wochen nicht verändert. Nur bei Restaurants und Nachtclubs wird genauer hingesehen, da einige die Abstandsregeln nicht befolgen.“

Die Journalistin selbst trifft sich nur mit wenigen Freunden vereinzelt und achtet auch dort darauf, dass alle 100% gesund sind, wie sie sagt.

Angesprochen auf die große Aufmerksamkeit von ausländischen Medien auf den schwedischen Sonderweg, zeigt sie sich durchaus verständlich.

„Ich kann absolut verstehen, wieso die Deutschen kritisch auf uns blicken. Wir gehen einen absolut anderen Weg, und mit den hohen Todeszahlen vor einigen Wochen, ist das nur verständlich.“

Ob nun Schwedens Weg der richtige ist oder nicht, kann auch Wahlsten nur schwer beurteilen. Insgesamt wirkt sie allerdings zufrieden mit ihrer aktuellen Situation.

Trotzdem versteht sie, wieso viele andere Länder deutlich strikter sind.

„Ich verstehe total, warum andere Länder wie Deutschland so strikt sind. Doch ich denke, dass es zu diesem Zeitpunkt in Schweden nicht mehr notwendig ist, dann hätte es viel früher passieren müssen.“

Ist der schwedische Weg richtig gewesen oder hätte auch dort eine Ausgangssperre eingeführt werden müssen?

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