Am 14. August 1989 verschwand die 41-jährige Birgit Meier spurlos in Lüneburg. Zunächst interessierte sich die Bevölkerung nur wenig für Fall, da zuvor zwei Doppelmorde Deutschland erschüttert hatten.
Doch dem Bruder von Birgit Meier, dem Polizisten Wolfgang Sielaff – lässt das Verschwinden seiner Schwester keine Ruhe. Aber erst 28 Jahre später gelingt es ihm, das Verbrechen aufzuklären.
Der Fall ist so aufsehenerregend, dass nun sogar der Streaming-Anbieter Netflix eine eigene Doku zum Fall produzierte. Doch was passierte genau?
Es begann mit den „Göhrde-Morden“
Beerensammler finden am 12. Juli 1989 im Staatsforst Göhrde die Leichen eines Ehepaars aus Hamburg, welche bereits stark verwest sind. Es stellte sich später heraus, dass die beiden zum Picknick in den Wald gefahren waren.
Was diese ersten Mord noch erschreckender macht: nur 800 Meter vom Fundort der Leichen des Hamburger Paares tötet der Täter ein zweites Paar, ohne dass die Beamten es mitbekommen.
Die Bevölkerung ist erschüttert und extrem beunruhigt.
Birgit Meier verschwindet
Wenige Zeit später verschwindet die Unternehmerfrau Birgit Meier. Durch die Doppelmorde findet der Fall zunächst wenig Beachtung. Der Bruder der verschwundenen Frau drängt auf eine bessere Ermittlung, um seine Schwester wiederzufinden, doch die wenigen Polizisten, die überhaupt ermitteln, sind nur mit halber Sache dabei.
Der Bruder Wolfgang Sielaff kann, obwohl er selbst bei der Polizei arbeitet, nur wenig Einfluss nehmen, da Lüneburg in einem benachbarten Bundesland liegt und außerhalb seiner Zuständigkeit.
Der erste Verdächtige im Fall wird der Ehemann von Birgit Meier. Er hat sie als Letzter lebend gesehen und besitzt für die Nacht des Verschwindens kein Alibi. Hinzukommt, dass sich das Paar zuvor getrennt hatte, und er seiner Ex-Frau nach der Scheidung hätte Geld zahlen müssen.
Wolfgang Sielaff findet Widersprüche in dem Fall und glaubt nicht an seinen ehemaligen Schwager als Täter. Ein anderer Mann drängt sich auf und ist als Täter geradezu „perfekt“: Werner Wichmann, ein Friedhofsgärtner, der bereits wegen Vergewaltigung, versuchter Tötung und weiterer Straftaten bekannt ist. Er kannte Birgitt Meier und stand mit ihr in Kontakt – er war der Gärtner der Nachbarn.
Ermittler machen Fehler
Doch es sollen dreieinhalb (!) Jahre vergehen, bis die Ermittler mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür von Wichmann stehen. Er ist zu diesem Zeitpunkt aber gar nicht Zuhause; die Polizisten rufen ihn bei der Arbeit an und bitten ihn, nach Hause zu kommen. Der Friedhofsgärtner erscheint dort aber nie, vielmehr taucht er unter.
Die Beamten finden unterdessen bei der Hausuntersuchung ein abgeschlossenes Zimmer, zu der die Frau von Werner Wichmann keinen Zugang hatte.
Erschreckende Funde
Dort findet die Polizei ein ganzes Arsenal an Mord- und Folterinstrumenten: Waffen, Messer, Elektroschocker, Dolche, Spritzen, Fesseln und mehr. An Handschellen entdecken sie zudem Blutspritzer. Hinter dem Haus ist ein Sportwagen vergraben.
Erst Wochen nach seiner Flucht können die Ermittler Wichmann festnehmen, da er einen Verkehrsunfall verursacht und so die Polizei auf sich aufmerksam macht. Im Auto finden die Polizisten eine Maschinenpistole und Munition. Wer weiß, wie lange der Verdächtige ohne diesen Unfall unentdeckt geblieben wäre?
Dann wird es noch dramatischer: Werner Wichmann kommt in Untersuchungshaft. Nur wenige Tage später erhängt er sich in einer Zelle und hinterlässt seiner Frau einen mysteriösen Abschiedsbrief.
Das Makabere für die Angehörigen der Doppelmorde und Birgits Meiers ist es, dass laut Gesetz gegen Tote nicht ermittelt werden darf. Die Akte wird geschlossen, und alle Beweise werden vernichtet.
Und das, obwohl Zeugen in der Nacht des Verschwindens von Birgit Meier Geräusche eines laufenden Automotors gehört hatten. Es kann zu diesem Zeitpunkt nie abschließend geklärt werden, ob Wichmann der Mörder war.
Bruder ermittelt weiter
Als der Bruder nach seinem Ruhestand endlich Akteneinsicht beantragen kann, ist er schockiert. Die Ermittlungen sind voller Fehler. Er stellt daraufhin ein privates Ermittlerteam zusammen.
Nach Monaten der Recherche finden sie ein Beweismittel, das wie durch ein Wunder noch nicht vernichtet wurde: die Handschellen. Wolfgang Sielaff findet sie bei der Rechtsmedizin Hannover.
Das Ergebnis des DNA-Test überwältigt Sielaff, denn an den Handschellen klebt das Blut seiner Schwester.
Das private Ermittlungsteam findet zudem heraus, dass die Autos der Opfer nach den Morden noch bewegt wurden. Das spricht für mindestens zwei Täter.
Und auch Klebefolien werden ausgewertet. Damit hatten die Ermittlungsbehörden 1989 Faser-Spuren von den Sitzen der Autos der Opfer gesichert.
Mithilfe der inzwischen fortgeschrittenen Technik gelingt es dem Bruder, die DNA-Spuren Werner Wichmann zuzuordnen.
Leiche wird gefunden
Die Lüneburger Polizei schließt den Fall nach den neuen Erkenntnissen als aufgeklärt ab. Aber Wolfgang Sielaff lässt er weiterhin keine Ruhe, denn die Leiche seiner Schwester bleibt unentdeckt.
Erst am 29. Juli 2017 wird die Leiche von Birgit Meier gefunden. In der ehemaligen Garage von Wichmann wird der Beton aufgemeißelt und ein Hohlraum entdeckt. Dort stößt man auf menschliche Knochen – die von Birgit Meier.
Eine Obduktion ergibt, dass Meier durch einen Kopfschuss getötet wurde.
Werner Wichmann könnte für mehr als 200 Morde verantwortlich sein
Im April 2018 folgte eine neue Durchsuchung des Grundstücks. Fast 400 Gegenstände werden sichergestellt und weiter untersucht.
Aber über die fünf nachgewiesenen Morde hinaus finden die Ermittler offiziell keine neuen Hinweise, dass Wichmann mit weiteren Morden in Verbindung steht.
Die Ermittlungen laufen im kleineren Rahmen weiter. Im schlimmsten Fall, so die Ermittler, könnte Werner Wichmann für mehr als 200 Morde verantwortlich sein.
Es muss schrecklich sein, als Angehörige solange in Ungewissheit zu leben. Wie konnten der Polizei so viele Fehler unterlaufen?
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