Am 17. November 2025 endete eine außergewöhnliche Showkarriere: Die legendären Kessler-Zwillinge Alice und Ellen sind im Alter von 89 Jahren in Grünwald bei München verstorben.
Es soll eine bewusste Entscheidung zweier Frauen gewesen sein, die ihr ganzes Leben lang unzertrennlich waren – und es bis zum allerletzten Moment bleiben wollten.
Kessler-Zwillinge „Zweisamkeit bis in den Tod“
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben bestätigte, dass die berühmten Schwestern den Zeitpunkt ihres Todes selbst gewählt und durch einen assistierten Suizid gemeinsam aus dem Leben geschieden sind. Eine Ärztin und ein Jurist begleiteten sie dabei, die nach ihrem Tod auch die Polizei verständigten.
Schon im April 2024 hatten sie der Bild-Zeitung verraten: „Im Tode vereint. So hätten wir es gern“. Ihr Wunsch war es, eingeäschert und in derselben Urne beigesetzt zu werden – gemeinsam mit der Asche ihrer bereits 1977 verstorbenen Mutter Elsa und ihres Familienpudels Yello.
Ein Detail am Rande zeigt, wie akribisch sie ihren Abschied planten: Die Abendzeitung München erhielt am Montagmorgen noch ihre handschriftlich geänderte Abonnement-Kündigung – das ursprüngliche Datum 30. November war mit Kugelschreiber auf den 17. November korrigiert worden.
Vom sächsischen Nerchau auf die Weltbühnen
Am 20. August 1936 wurden Alice und Ellen im sächsischen Nerchau geboren. Schon als kleine Mädchen lernten sie das Tanzen, wurden vom Vater gedrillt und gehörten bald zum Kinderballett der Leipziger Oper. 1952, im Alter von 16 Jahren, flohen sie in den Westen und kamen nach Düsseldorf, wo sie im Revuetheater Palladium tanzten.
Der große Durchbruch kam Mitte der 1950er Jahre: Im Pariser Lido entwickelten sie sich zu glänzenden Revuetänzerinnen. In den Nachkriegsjahren gehörten die Kesslers zu den ersten, die in seriösen Shows viel Bein zeigten.

Internationale Stars mit deutschen Wurzeln
Nach Ende ihres Vertrags in Paris 1960 ging das „doppelte deutsche Fräuleinwunder“ auf Welttournee und tanzte in New York, Caracas, Monte Carlo, Barcelona, Buenos Aires und Sydney. Sie standen mit Stars wie Fred Astaire, Frank Sinatra, Harry Belafonte und Sammy Davis Jr. auf der Bühne.
Die Zwillinge waren nicht nur Tänzerinnen, sondern auch Sängerinnen und Schauspielerinnen. 1959 nahmen sie für Deutschland am Eurovision Song Contest teil und erreichten mit „Heute Abend wollen wir tanzen geh’n“ den achten Platz. Sie wirkten in zahlreichen Filmen mit und hatten 1971 sogar ihre eigene ZDF-Krimi-Comedy-Serie „Die diebischen Zwillinge“.
Ein Leben für die Kunst – ohne Ehe und Kinder
Alice Kessler hatte einmal ihr Erfolgsgeheimnis in vier Punkten zusammengefasst: „Disziplin. Jeden Tag. Dankbarkeit. Immer wieder. Demut statt Übermut. Und Zweisamkeit. Bis in den Tod“. Diese eiserne Disziplin hatte allerdings ihren Preis. Über eine Ehe sagte Alice: „Das hat es nicht gegeben“, auch wenn sie mal heiraten wollte. Ellen meinte zu Kindern: „Da saß ich immer zwischen zwei Stühlen“.
In den letzten Jahrzehnten lebten die beiden in einem Haus im Münchner Vorort Grünwald – nur durch eine Schiebetür getrennt, sodass sie sich jederzeit sehen konnten. In den letzten Jahren hatten die Operationen und Schmerzen erkennbar an ihnen gezehrt. Doch selbstbestimmt bis zum Schluss lehnten sie ein Leben als Pflegefälle kategorisch ab.

Harald Bischoff, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Ein würdevoller Abschied von zwei Legenden
Die Kessler-Zwillinge hinterlassen eine riesige Lücke im deutschen Showbusiness. Erst im Sommer 2025 waren sie von Markus Söder mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet worden. Mit ihrer Entscheidung für einen gemeinsamen, selbstbestimmten Tod blieben sie sich und ihrem Lebensmotto treu: immer zusammen, in guten wie in schweren Zeiten – und eben auch im letzten Moment.
Hinweis: Wenn du selbst mit Suizidgedanken zu kämpfen hast, wende dich bitte an die Telefonseelsorge unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 (kostenfrei und rund um die Uhr erreichbar).