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Hälfte der deutschen Kliniken nutzen nicht zugelassenes Medikament zur Geburtseinleitung – Tod eine Folge

Für eine Frau ist eine Schwangerschaft alles andere als ein Zuckerschlecken, denn sie hat mit einigen Veränderungen in ihrem Körper zu kämpfen. Doch für das Wohl des Babys macht die werdende Mutter natürlich alles, damit es gesund zur Welt kommt.

Doch ist die Schwangerschaft eines Tages vorbei, beginnt ein weiteres unter Umständen dramatisches Unterfangen: die Geburt des Kindes.

Für diesen Fall gibt es dank neuster Medizin die unterschiedlichsten Medikamente, damit die Frau die Geburt möglichst schmerzfrei vollbringen kann.

Allerdings haben Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des Bayerischen Rundfunks (BR) Erschreckendes zu Tage gebracht, wie der Focus berichtete.

Hälfte deutscher Kliniken betroffen

Demnach sollen die Hälfte der Kliniken in Deutschland, das besagt eine bislang unveröffentlichte Umfrage der Universität Lübeck, bei der Geburtseinleitung ein Medikament mit Namen Cytotec, das offiziell aber nicht zugelassen ist.

Demnach kann es dadurch zu schweren Komplikationen kommen, das geht aus Gutachten, Fallberichten und Gerichtsurteilen hervor, die von den Recherche-Teams ausgewertet wurden.

Schwere Gehirnschäden wegen einer Sauerstoffunterversorgung des Kindes seien in Einzelfällen aufgetreten und in seltenen Fällen der Riss der Gebärmutter der Frauen. Dadurch verstarben mehrere Babys in Deutschland und Frankreich.

Cytotec ist ursprünglich ein Magenmedikament, über das man in der Praxis zufällig herausgefunden hat, dass es etwa Wehen fördern kann.

Hersteller nahm es bereits 2006 vom Markt

Das Pharmaunternehmen Pfizer, der Hersteller des Medikaments, nahm im Jahr 2006 deswegen die Tablette vom Markt, weil es zu häufig außerhalb des vorgesehenen Anwendungsbereich eingesetzt wurde.

Pfizer schreibt außerdem, dass es bis heute keine ausreichenden, randomisierten und verblindete Studien gebe, die eine Anwendung zur Einleitung der Geburt rechtfertigen würden.

Da entsprechende Daten fehlen, lässt sich nur schwer einschätzen, wie groß das Problem von Todesfällen und Gehirnschädigungen in absoluten Zahlen ist.

Klären Ärzte Frauen aber über Cytotec können sie das Medikament im sogenannten Off-Label-Use in ihrer Therapiefreiheit verwenden. Die Tablette ist mit einem Preis von einem Euro günstig, Alternativen können im dreistelligen Bereich liegen, und kann auch einfach verbreicht werden.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, den Wirkstoff Misoprostol, der sich in dem Medikament befindet, in geringen Dosen von 25 Mikrogramm zu verabreichen. Laut den Recherchen sollen Ärzte aber mitunter das Doppelte bis Vierfache ihren Patientinnen gegeben haben.

Kritik von Experten

Kritik für diese Praktik gibt es von Peter Husslein, Professor für Geburtshilfe und Leiter der Universitäts-Frauenklinik Wien:

„Es ist schon lange an der Zeit, diesen Unsinn mit Cytotec zu beenden.“

Husslein forscht zu Wehentätigkeit und Einleitungsmethoden, verwendet wird das Medikament in seiner Klinik aber nicht:

„Das Mittel ist weitestgehend unkontrollierbar und es gibt viel zu wenig Untersuchungen.

Es hat zahlreiche mütterliche Todesfälle verursacht. Es gibt für mich keinen Grund der Welt, warum ich als Arzt ein gefährliches, nicht registriertes Medikament anwenden sollte.“

In Deutschland und Frankreich ziehen bereits Frauen vor Gericht, weil sie den Verdacht haben, dass das ihnen verabreichte Cytotec zu gravierenden Komplikationen wie Gehirnschäden bei ihren Kindern oder sogar Todesfällen geführt hat.

Mütter auf den Bahamas, in Dänemark und den USA warnen sogar vor dem Medikament und französische und amerikanische Behörden schließen sich dem an und raten seit Jahren von der Verwendung von Cytotec zur Einleitung der Wehen ab, weil Todesfälle eine Folge sein können.

Die deutsche Überwachungsbehörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), weiß laut Recherchen von SZ und BR nur von einem Kind, das nach Einnahme von Cytotec und einem weiteren Mittel in Deutschland verstarb.

Die Behörde weiß dagegen weder von einem Kind, das mit einem Gehirnschaden geboren wurde, noch von einem Todesfall einer Mutter, der im Zusammenhang mit dem Medikament stehen könnte.

In Deutschland hat bislang keine Behörde eine Warnung vor Cytotec in der Geburtsmedizin ausgesprochen.

Natürlich können die schlimmen Fälle mit anderen Faktoren zusammenhängen, doch die Häufigkeit des verwendeten Medikaments lässt eindeutig aufhorchen.

Teile diesen Artikel, um Frauen und Familien, die momentan Nachwuchs erwarten, auf diese mögliche Gefahr hinzuweisen.