Im 19. Jahrhundert waren „Freakshows“ eine beliebte Attraktion und wurden als normaler Bestandteil der amerikanischen Kultur angesehen.
Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Wanderzirkusse, in denen „merkwürdige“ Menschen – wie bärtige Damen und siamesische Zwillinge – gezeigt wurden.
Eine dieser „seltsamen“ Personen, Mary Ann Bevan, wurde als die „hässlichste Frau der Welt“ bekannt – und ihre bemerkenswerte Geschichte und ihr tragisches Schicksal zeigen, warum wir sie nie vergessen dürfen…
Heute ist es zum Glück inakzeptabel, missgebildete Menschen als Unterhaltungsobjekte zu behandeln – aber im 19. Jahrhundert strömten die Menschen in Scharen, um sie zu sehen.
Von den 1840er bis zu den 1940er Jahren waren „Freakshows“ auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, und die Ausbeutung aus Profitgründen wurde nicht als moralisch falsch angesehen.
Normale Kindheit
Daher ist es vielleicht gar nicht so verwunderlich, dass die Geschichte von Mary Ann Bevan in dieser besonderen Epoche der Geschichte beginnt.
Sie wurde am 20. Dezember 1874 als Mary Ann Webster in Plaistow im Vereinigten Königreich geboren.
Zu dieser Zeit war es üblich, dass es in fast jeder Arbeiterfamilie eine wahre Kinderschar gab. Mary Ann Webster war eines von acht Kindern und wuchs genau wie ihre Geschwister (sechs von ihnen waren Brüder) auf.
Als ihre Brüder älter wurden, schickte man sie zur Arbeit, um die Familie zu ernähren. Aber Mary Ann hatte andere Möglichkeiten. Nachdem sie ihr Medizinstudium abgeschlossen hatte, wurde die hübsche Brünette 1894 Krankenschwester.
An diesem Punkt ihres Lebens sah ihre Zukunft vielversprechend aus.
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Sie war eine schöne junge Frau mit zarten Gesichtszügen, hatte eine gute Ausbildung und lebte in London. Diese Stadt war wirtschaftlich wohlhabend und hatte sich zum Zentrum der modernen Welt entwickelt.
Mary Ann fand 1902 auch die Liebe, als sie Thomas Bevan heiratete. Das Paar war sehr glücklich und bekam während seiner Ehe vier Kinder.
Doch leider währten die guten Zeiten nicht ewig. Nach 14 gemeinsamen Jahren verstarb Thomas an einem Schlaganfall. Mary Ann Bevan war am Boden zerstört, ganz zu schweigen davon, dass sie mit ihren vier Kindern allein war.
Leider wurde sie auch von anderen Dingen geplagt. Kurz nach ihrer Heirat mit Thomas hatte ein medizinisches Problem begonnen, das sich im Laufe der Jahre immer mehr verschlimmerte.
Akromegalie
Im Alter von 32 Jahren begann Mary Ann, Anzeichen von Akromegalie zu zeigen.
Sie muss erschrocken gewesen sein, als die ersten Symptome auftraten, und leider war es nicht einfach, Hilfe für diese seltene Krankheit zu bekommen.
Zu dieser Zeit war Akromegalie eine unbekannte Krankheit, und die Ärzte wussten kaum etwas über ihre Behandlung.
Es handelt sich um eine Erkrankung, bei der der Körper zu viele Wachstumshormone produziert, was zu einer Vergrößerung des Körpergewebes und der Knochen führt – eine grausame Erkrankung, bei der Hände und Füße der Betroffenen oft dreimal so groß werden wie üblich.
Die Krankheit tritt in der Regel nach der Pubertät auf, aber im Fall von Mary Ann Bevan zeigte sich die Störung erst später im Leben und betraf ihr Gesicht. Während sie mit der Krankheit kämpfte, wurde ihr Gesicht rasch größer und männlicher.
Heute wissen wir viel mehr über diese Krankheit. Wir wissen zum Beispiel, dass bis zu sechs von 100 000 Menschen davon betroffen sind.
Akromegalie kann auch behandelt werden, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. So haben Menschen, bei denen Akromegalie diagnostiziert wird, heute die gleiche Lebenserwartung wie die Allgemeinbevölkerung – vorausgesetzt, sie erhalten frühzeitig die richtige Behandlung.
Doch von solchen medizinischen Fortschritten konnte Mary Ann Bevan leider nicht profitieren. Stattdessen wurde sie durch die Krankheit massiv beeinträchtigt – sowohl finanziell als auch psychisch.
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In der Zeit, in der sie mit Thomas verheiratet war, war der Zustand nicht allzu schlimm. Mary Ann erhielt zwar einige Kommentare, konnte aber Trost bei ihrem Mann finden, und ihre Familie bot ihr Unterstützung.
Als Thomas jedoch starb, eskalierte die Situation, und es wurde für Mary Ann Bevan schwierig, für ihre Kinder zu sorgen.
Ihre körperlichen Veränderungen waren drastisch, und die Krankheit befiel ihren ganzen Körper. In nur wenigen Jahren wurde sie von einer umwerfenden jungen Mutter zu einer niedergeschlagenen, nicht wiederzuerkennenden Witwe.
Da sich ihr Aussehen veränderte, wollte sie niemand mehr einstellen. Ihre Arbeitgeber wollten keine entstellte Frau, die auffiel, bei sich arbeiten lassen – viele von ihnen waren auch erschrocken, als sie Mary Anns riesiges Gesicht sahen.
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„Gesucht: Hässlichste Frau“
Dann, eines Tages, sah Mary Ann eine Anzeige in der Zeitung, die ihr ganzes Leben verändern sollte. Die Anzeige lautete wie folgt:
„Gesucht: Hässlichste Frau. Nichts Abstoßendes, Verstümmeltes oder Entstelltes. Gute Bezahlung und langes Engagement für erfolgreiche Bewerberin garantiert. Senden Sie ein aktuelles Foto.“
Der Mann hinter der Anzeige war ein Mann namens Claude Bartram. Er arbeitete als Agent für einen amerikanischen Zirkus, Barnum und Bailey. Da sich ihre Schulden und Rechnungen stapelten, sah Mary Ann keine andere Wahl, als auf die Anzeige zu antworten.
Sie tat es nicht, um berühmt oder reich zu werden, sondern um ihre geliebten Kinder ernähren zu können. Mary Ann war vor allem eine Mutter.
Nachdem Mary Ann Bevan ein Foto von sich eingesandt hatte, nahm Bartram Kontakt mit ihr auf. Die Fotos von ihr wurden später in der Öffentlichkeit weithin bekannt.
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Doch während viele Menschen nur das unheimliche Bild einer riesigen Frau sahen, erkannte Bartram mehr. Es gab Details in Mary Anns Gesicht und Persönlichkeit, die unbemerkt blieben.
„Sie war überhaupt nicht abstoßend. Sie hatte die Art von Gesicht, die man normalerweise bei einem Riesen findet, einen kräftigen, maskulinen Kiefer, markante Wangenknochen, Nase und Stirn, aber sie war makellos, gesund und stark. Sie erzählte mir, dass ihr die Vorstellung, sich auszustellen, nicht gefiel, sie sei schüchtern und wolle nicht von ihren Kindern getrennt werden“, erklärte Bartram später laut Daily Star.
„Ich sagte ihr, dass sie ein Jahr lang 10 Pfund pro Woche, die Reisekosten und das gesamte Geld aus dem Verkauf von Ansichtskarten von sich selbst verdienen würde, so dass sie für die Ausbildung ihrer Kinder sorgen könnte.“
Mary Ann Bevan – Großer Star im Zirkus
Mary Ann zögerte, willigte aber schließlich ein.
Zu Beginn ihrer neuen Karriere erregte sie viel Aufmerksamkeit und war so erfolgreich, dass sie in den Zirkus Dreamland auf Coney Island eingeladen wurde.
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Im Jahr 1920 nahm sie das Schiff über den Atlantik, und als sie in New York ankam, war Mary Ann bereits ein berühmtes Gesicht. Fast jede Zeitung im Big Apple hatte ein Bild von ihr auf der Titelseite, denn Mary Ann wurde als „die hässlichste Frau der Welt“ tituliert.
Mary Ann wurde zu einem großen Star im Zirkus von Coney Island, der von Samuel Gumpertz, einem erfolgreichen Schausteller aus Missouri, geleitet wurde.
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Einige Menschen fanden jedoch die Zurschaustellung von Menschen im Zirkus als unmoralisch an. Ein Arzt, der führende Neurochirurg Harvey Cushing, wurde aktiv und forderte, Mary Ann Bevan in Ruhe zu lassen.
„Diese unglückliche Frau, die in der Nebenshow der Ringling Brothers „zwischen Fat Lady und Armless Wonder“ sitzt und ‚weiße Spitzenhüte, Wollfäustlinge und hochgeschnürte Schuhe‘ trägt, hat eine Geschichte, die alles andere als lustig ist.“
„Sie, die früher eine kräftige und gut aussehende junge Frau war, ist das Opfer einer Krankheit geworden, die als Akromegalie bekannt ist“, schrieb er in einem Brief an das Time Magazine.
Dennoch strömten die Menschen in den Zirkus, und die Zirkusdirektoren verdienten viel Geld.
Mary Ann musste in New York eine Menge ertragen: Sie wurde gezwungen, Männerkleidung zu tragen, um unattraktiver und unweiblicher auszusehen. Außerdem musste sie sich Kommentare und Gelächter gefallen lassen, was ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigt haben muss.
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Aber es gab einen Vorteil, der sie davon überzeugte, dass es sich letztlich lohnte.
Verdiente fast 590.000 Dollar
Nach Angaben des Daily Star verdiente Mary Ann Bevan während ihrer Zeit beim Zirkus fast 590.000 Dollar. Sie machte viel durch, aber sie verdiente ein Vermögen. Sie lächelte mechanisch und bot auch Ansichtskarten von sich zum Verkauf an.
Das Geld ermöglichte es Mary Ann, ihre vier Kinder auf ein Internat in England zu schicken. Ihre Kinder auf einem anderen Kontinent zurückzulassen, ist natürlich der schlimmste Albtraum einer Mutter – aber Mary Ann hatte keine Wahl, und schließlich tat sie alles, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Im Jahr 1925 kehrte sie zurück, um an einer Ausstellung in Paris teilzunehmen, aber für den Rest ihres Lebens lebte sie in New York und arbeitete in der Coney Island Dreamland Show.
Mary Ann starb 1933 eines natürlichen Todes. Sie wurde 59 Jahre alt, und nach ihrem Tod erfüllten ihre Kinder Mary Anns letzten Wunsch: Sie sollte in ihrem Geburtsland beerdigt werden.
Sie ruht nun auf dem Ladywell and Brockley Cemetery in Südlondon.
Sie war eine wirklich liebevolle Mutter, die ihre Kinder an die erste und sich selbst an die letzte Stelle setzte.
Ruhe in Frieden Mary Ann.
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